Mehr Konzentration durch Lob statt Tadel
Lob motiviert – das haben wir wahrscheinlich schon alle erlebt. Doch nicht nur das: Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus den USA zeigte, dass SchülerInnen umso konzentrierter arbeiten, je öfter sie von ihren Lehrpersonen gelobt werden.
Über einen Zeitraum von drei Jahren beschäftigten sich Forscherinnen und Forscher aus drei amerikanischen Universitäten unter der Leitung Paul Caldarella von der Brigham Young University mit den Auswirkungen von Lob und Tadel im Klassenzimmer. Im Fokus stand die Frage, ob die Aufmerksamkeit und die Konzentration der Kinder durch häufigeres Loben verbessert werden können.
Umfangreiche Untersuchung in 151 Klassen
Dazu beobachtete das Forschungsteam das Unterrichtsgeschehen in 19 Grundschulen in Missouri, Tennessee und Utah: Insgesamt wurde die Arbeit in 151 Klassen mit insgesamt 2.536 SchülerInnen zwischen 5 und 12 Jahren begleitet.
In einer Hälfte der Klassen kam die CW-FIT-Methode („Class-Wide Function-related Intervention Teams“) zum Einsatz: Bei dieser erklären die Lehrpersonen den Kindern genau, welches Verhalten sie sich von ihnen wünschen (z.B. Aufzeigen) und loben die SchülerInnen, wenn sie ihre Erwartungen erfüllen. Ziel dieser Methode ist, positive Eigenschaften und Verhaltensweisen der Kinder zu stärken und negative zu reduzieren. In der Kontrollgruppe, der zweiten Hälfte der Klassen, lief der Unterricht wie gewohnt ab.
In beiden Gruppen hielt das Forschungsteam fest, wie oft die SchülerInnen im Unterricht von ihren LehrerInnen gelobt bzw. getadelt wurden. Unter Lob fielen dabei ausschließlich konkrete und positive Bemerkungen zum Verhalten der Kinder, z.B. „Gut gemacht – ihr habt meine Anweisungen befolgt und euch leise aufgestellt!“; als Tadel wurden ebenfalls lediglich konkrete Aussagen bzw. Anweisungen gezählt (z.B. „Tim, ich habe dir gesagt, dass du mit dem Schwätzen aufhören sollst!“). Allgemeine Aussagen wie „Danke, Lukas!“ oder „Anna, hier musst du nochmal nachrechnen!“ wurden nicht berücksichtigt.
Positives Feedback motiviert
Im Anschluss ermittelten die ForscherInnen das Verhältnis von Lob und Ermahnungen (praise-to-reprimand ratio) der LehrerInnen und setzten dieses in Beziehung zur Aufmerksamkeit der Kinder. Das Ergebnis: Je mehr die SchülerInnen gelobt wurden, umso länger konzentrierten sie sich auf die Aufgabe oder die Lehrperson selbst – ihre Aufmerksamkeitsspanne erhöhte sich um bis zu 30 %! Diese lineare Abhängigkeit konnte bei allen untersuchten Klassen festgestellt werden.
Forschungsleiter Paul Caldarella zieht in einer Aussendung dazu folgendes Fazit: „Lob stärkt das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl von Kindern. Es ist eine Form des Feedbacks und hilft SchülerInnen, zu verstehen, welches Verhalten die Lehrperson erwartet und schätzt – und dieses erwünschte Verhalten werden sie tendenziell öfter an den Tag legen!“
Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass Lob sogar zu einer Verbesserung der Leistungen der Kinder führen kann. Allerdings betonen auch die AutorInnen der Studie, dass Loben alleine kein Allheilmittel ist, sondern dass für ein funktionierendes Unterrichtskonzept noch andere Maßnahmen gesetzt werden müssen.
Detaillierte Informationen zur Studie finden Sie in dem englischsprachigen Artikel "Effects of teachers’ praise-to-reprimand ratios on elementary students’ on-task behaviour" aus dem Journal "Educational Psychology".