Zur Philosophieolympiade 2014
Beim 9. Durchgang der österreichweiten Philosophieolympiade im Schuljahr 2013/14 wurde ein neuer Rekord erzielt: Insgesamt 943 Schülerinnen und Schüler aus allen neun Bundesländern wurden von ihren Lehrerinnen und Lehrern zur Teilnahme angemeldet!
Die an der Internationalen Philosophieolympiade (IPO) teilnehmenden Jugendlichen werden in einem dreistufigen Durchgang ermittelt: Die erste Runde findet an den einzelnen Schulen statt. Die betreuenden Lehrkräfte entscheiden, welche drei Arbeiten der Schule zur Landesjury eingesendet werden. Aus allen im Bundesland eingereichten Essays wählt die Landesjury die (maximal 24) Jugendlichen aus, die am Bundeswettbewerb, der sogenannten Philosophie-Akademie, teilnehmen können. Wiederum die zwei Besten vertreten dann Österreich bei der internationalen Philosophieolympiade, die jedes Jahr im Mai stattfindet.
Bei jeder dieser Wettbewerbsphasen ist ein philosophischer Essay zu einem von vier zur Wahl stehenden Zitaten zu verfassen. Bei den österreichischen Bewerben werden die Essays in deutscher Sprache geschrieben, beim internationalen Bewerb in einer Fremdsprache – zur Wahl stehen Englisch, Französisch oder Spanisch. Intention der Philosophieolympiade ist es, die Freude am eigenständigen und kreativen Denken zu stärken.
Wer kann teilnehmen?
Alle Schülerinnen und Schüler, die im aktuellen Schuljahr den Unterricht im Gegenstand „Psychologie und Philosophie“ besuchen, aber auch Schüler/innen mit besonderem Interesse an der Philosophie, diese müssen jedoch von einer Lehrkraft betreut werden. Auch Lehrpersonen und Schüler/innen der berufsbildenden Schulen sind zur Teilnahme herzlich eingeladen!
Wie meldet man sich zum Wettbewerb an?
Jeweils zu Beginn eines Schuljahrs wird auf der Website www.philolympics.at ein Anmeldeformular bereitgestellt.
Die Essay-Themen
werden vom IPO-Komitee (Team für die Gesamtkoordination) vorgegeben und sind für den schulinternen Durchgang jeweils Ende Oktober online gestellt. In welchem Rahmen die Schüler/innen ihre Essays ausarbeiten (Philosophiestunde, Hausübung etc.), bleibt der jeweiligen Schule überlassen. Im Schuljahr 2013/14 haben sich die Bundesländer Niederösterreich und Vorarlberg erstmals entschlossen, alle Schüler/innen die Essays zum selben Zeitpunkt im Rahmen einer Veranstaltung schreiben zu lassen und dafür auch eigene Themen gewählt. Alle Themenstellungen können auf der Website nachgelesen werden (siehe: http://www.philolympics.at/wettbewerb/2014/themen).
Bei der schulinternen ersten Runde im Winter 2013 wurde das folgende Zitat am häufigsten gewählt:
„Der Philosoph ist ein potenzieller Störenfried. Nur selten wird ihm Gehör geschenkt, meist wird er ignoriert oder an den Rand gedrängt. Wer hat heute noch den Mut, sich in seinem gewohnten Denken stören zu lassen? Wer wagt es noch Mensch zu sein?“ (Die Zeit. Leserartikel „Warum ist Philosophieren so out?“ November 2012)
Beim Bundeswettbewerb 2014 in Graz-Mariatrost standen den 24 Jugendlichen Zitate von Jeanne Hersch, Epikur, Ludwig Wittgenstein und Byung- Chul Han für ihren Essay zur Wahl.
Was macht den Kern der Philosophieolympiade aus?
Die Philosophieolympiade soll und will mithelfen, eine regelmäßige Schreibpraxis an den Schulen zu etablieren. Beim philosophischen Essay geht es primär um das Argumentieren, die Bereitschaft dazu fördert erfahrungsgemäß die Möglichkeit der Teilnahme am Wettbewerb.
Jelko Peters zur Bedeutung des schriftlichen Argumentierens:
„Geht man davon aus, dass die Methode der schriftlichen Argumentation den Lernenden die Möglichkeit einer friedlichen und gewaltfreien Lösung strittiger Fragen und Konflikte bietet, entsteht durch sie auch die Notwendigkeit, das Selbstbewusstsein und den Mut aufzubringen, die eigene Position gegenüber anderen zu behaupten. Weiters erlaubt die Methode des Argumentierens den Schülerinnen und Schülern, andere Positionen und Perspektiven kennen zu lernen und auf diese Weise Rücksichtnahme zu entwickeln. Außerdem können sie dank des Argumentierens Vorurteile und Stereotypen als falsch erkennen und ablegen sowie vorliegendes Wissen kritisieren, da ihre argumentative Kritik sowohl vorschnelle Entscheidungen als auch vermeintlich sichere wissenschaftliche Erkenntnisse betrifft. Ihre Weltbilder werden mit Hilfe von Argumenten aufgebaut, weil sie der eigenen Orientierung dienen und die Möglichkeit bieten, Voraussagen zu treffen sowie das eigene Wissen zu erweitern und zu reflektieren.“
(Peters, Jelko: Schriftliches Argumentieren – Aktualität – Bildungsstandards. Vorschläge zur Didaktik und Praxis des erörternden Schreibens. S. 12. 2004)
Für Rudolf Pölzer, Lehrer am Gymnasium Melk, ist zentral, dass die Jugendlichen bei der Philosophieolympiade zeigen, dass sie eigenständig und philosophisch fragen und argumentieren können. „[…] eine Olympiade ist kein Test. Oder, frei nach Immanuel Kant: Es geht darum, philosophieren zu lernen – und nicht darum, Philosophie zu lernen.“
(Vgl. „Philolympiade: Wenn Schüler philosophieren. Die Presse, 28. 1. 2014. http://www.philolympics.at/wettbewerb/2014/berichte/st-poelten/)
Warum machen so viele mit?
In den neun Jahren, seit es die Philosophieolympiade in Österreich gibt, hat sich das Essayschreiben als gelungene Ergänzung zum Philosophieunterricht herauskristallisiert, dementsprechend werben auch viele Lehrkräfte bei ihren Schüler/innen für diesen Wettbewerb.
Es ist in den letzten Jahren zudem gelungen, oft auf Eigeninitiative von einzelnen Kolleg/innen, schulinterne und schulübergreifende Kurse anzubieten. 2013 gab es in Wien drei schulübergreifende Kurse für Schüler/innen der Oberstufe, initiiert und durchgeführt von Paul Geiß. Auch in Vorarlberg gibt es seit Jahren solche Kurse, organisiert Stephan Schmid vom Gymnasium Blumenstraße in Bregenz. Über 20 Schüler/innen kommen zusammen, um intensiv am Essayschreiben zu arbeiten.
In Niederösterreich ist es im Schuljahr 2013/14 zum ersten Mal gelungen, einen Vorbereitungskurs für Schüler/innen aus dem ganzen Bundesland anzubieten. Unter Leitung von Rudolf Pölzer (Gymnasium Melk) und Bernhard Hölzl (Gymnasium Zwettl) wurde vor Weihnachten vier Tage lang in Drosendorf im nördlichen Waldviertel philosophiert.
Und was motiviert die Jugendlichen?
„In meinem Fall ist die Motivation vor allem durch meine Lehrerin, Frau Professor Schöninger, entstanden. Sie ist schon vor der letztjährigen Philosophieolympiade an mich herangetreten – sie muss wohl ein Talent zum Schreiben in mir vermutet haben – und hat mich gefragt, ob ich mich nicht an einem Zitat versuchen möchte, was ich dann auch getan habe. […] Von diesem Zeitpunkt an habe ich dann darauf gebrannt, endlich die Themen für den heurigen Bewerb in die Hand gedrückt zu bekommen, weil ich schon beim ersten Text, aber später auch bei anderen Philosophieaufgaben, gemerkt habe, wie viel Spaß mir das macht, mich völlig frei mit einem Thema auseinanderzusetzen, und wie sehr das vor allem ein Bedürfnis in mir anspricht, das von keinem anderen Fach in der Schule richtig bedient wird.“ (Nikolas Raunigg, HIP Liebenau, Graz)
Die Olympiade als Motor für die Philosophie
Im Rahmen der schulinternen Bewerbe ergibt sich u. a. durch die Bekanntgabe der Sieger/innen eine interessante Chance, die Bedeutung der Philosophie und der Ausformulierung von Grundsatzgedanken zu betonen.
Eine vermehrte Aufmerksamkeit für die Philosophie, die für die Motivation im Unterricht genützt werden kann, erwächst auch durch die Öffentlichkeitsarbeit (Medienberichte, Veröffentlichung der Ergebnisse in Schaukästen, Jahresbericht der Schule, Infos auf den Schulwebsites) anlässlich der Wettbewerbe im Bundesland und bundesweit.
Wer unterstützt die Philosophieolympiade?
Die finanziellen Kosten trägt zu einem großen Teil dankenswerterweise das Bildungsministerium, der wichtigste Sponsor aus der Wirtschaft von Anfang an ist die Generali Versicherung (Regionaldirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland).
Organisiert und inhaltlich programmiert wird die Philosophieolympiade vom IPO-Komitee (Barbara Conrad, Gerhard Prade, Franz Pöll).
Sehr wertvolle Unterstützung bei der Durchführung des Bundeswettbewerbs bietet das StudentInnenkomitee, das sich aus ehemaligen Teilnehmer/innen am Bewerb zusammensetzt (2014 sind dies: Flora Löffelmann, Sonja Riegler, Clemens Braun, Thyl Hanscho, Stephan Bauer und Thomas Gradisnik).
Besonderer Dank gilt auch den teilnehmenden Lehrpersonen für ihr Engagement im Rahmen des schulinternen Wettbewerbs und als Mitglieder der Jury in den Landeswettbewerben und beim Bundeswettbewerb!
Reflexionen und Feedback zum Bundeswettbewerb
Helene Sorgner (Mitglied im StudentInnenkomitee und ehemalige Teilnehmerin) über das Potenzial der Veranstaltung:
„Wenn hier für drei Tage Schülerinnen und Schüler aus allen Bundesländern und Südtirol zusammenkommen, um sich philosophischen und gesellschaftlichen Problemstellungen zu widmen, entwickelt sich unter ihnen ein immer wieder aufs Neue zu beobachtender angeregter Diskurs, dergestalt, dass die eifrig bis spät in die Nacht Diskutierenden kaum zu bremsen sind und der Abschied nach dieser kurzen, aber intensiven Zeit manchen mitunter schwer fällt.
Befragte man die Teilnehmer/innen, wurde schnell klar, dass für sie dennoch die Begegnung mit interessierten und aufgeschlossenen Gleichaltrigen der bereicherndste Aspekt dieser Veranstaltung ist: Viele empfanden es als einmalige und sehr anregende Erfahrung, sich über größere und kleinere Dinge auf eine Weise auszutauschen, wie es ihnen bisher noch nicht möglich gewesen war.“
Flora Löffelmann (Mitglied im StudentInnenkomitee und ehemalige Teilnehmerin): „Als das vielleicht Prägendste jedoch […] stellten sich die allabendlichen Besuche im sogenannten k. u. k. Hofbeisl heraus, bei denen sich Diskussionen entspannen, die wohl fern von diesem Umfeld und diesen Menschen nie möglich gewesen wären. Ein Aufeinandertreffen von Personen gleichen Alters aus ganz Österreich, ja sogar aus Südtirol, leichte sprachliche Hürden inkludiert – und trotzdem diese Einigkeit, dieser Konsens, und diese Bereitschaft, einander wirklich kennenzulernen und auch voneinander zu lernen.“
Schülerinnen und Schüler, die am Bundeswettbewerb 2014 teilgenommen haben:
Michaela Knapp (Kärnten): „Ich wünsche mir, dass weiterhin die Philosophie so gefördert wird, das ist sehr wichtig. Es war eine der schönsten Zeiten, die ich bisher hatte. Man findet Freundschaften, die sicher halten werden! Ich hoffe, dass weiterhin viele junge Leute an der Philosophieolympiade teilnehmen werden. Es ist viel mehr als nur ein Wettbewerb. Es ist ein einmaliges, unvergessliches und horizonterweiterndes Ereignis.“
Nikolas Raunigg (Steiermark): „Der Aspekt des Miteinanders anstatt des Gegeneinanders hat mich richtiggehend überwältigt!“
Anna Schneeberger (Burgenland): „Ich möchte die gesammelten Erfahrungen und Erlebnisse auf keinen Fall missen. Die Philosophieolympiade gehört definitiv zu den besten Erlebnissen meiner Schulzeit.“
Katharina Klein (Vorarlberg): „Ich bedanke mich für die schönen Tage und merke an, dass ich voraussichtlich Philosophie studieren werde ?.“
Die Gewinner der österreichischen Philosophieolympiade 2014:
Die Plätze 1 und 2 erreichten Lukas Tarra (Gymnasium Neulandschule, Wien 10) und Benedikt Zöchling (Gymnasium Seitenstetten, Niederösterreich). Sie vertreten Österreich bei der 22. Internationalen Philosophieolympiade in Vilnius, Litauen (15. bis 18. Mai 2014).
Ausführliche Informationen zur Philosophieolympiade, alle Preisträger/innen, Essays, Programme und Fotos sind auf der Website zu finden (www.philolympics.at).